NUR BIO FÜR SAU UND FERKEL
Gute Klimabilanz mit regionalem Futter
Autorin: Brigitte Stein
Eine Studie zeigt, wie vorteilhaft regional erzeugtes Futter und Festmistsysteme sind.
Auf ihre Klimabilanz können die Bio-Schweinehalter der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall stolz sein. Eine Studie zeigt, wie vorteilhaft regional erzeugtes Futter und Festmistsysteme sind.
Das Bio-Schweinefleisch der bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall (BESH) hinterlässt einen CO2-Fußabdruck, der nur halb so groß ist wie der von herkömmlichem Schweinefleisch in deutschen Fleischtheken. Das kann die Erzeugergemeinschaft BESH belegen. Denn sie hat an einer Klimabilanzstudie des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL), Wien, im Auftrag der Donau Soja mitgewirkt (siehe Grafik unten).
Rainer Franz im Hohenlohekreis
Bio-Sauenhalter Rainer Franz im Hohenlohekreis bereichert mit seinem vielfältigen Ackerbau eine Landschaft, in der Biogasmais dominiert.
Nicht nur Bio-Mäster, sondern auch Herdbuchzüchter der Schwäbisch-Hällischen Schweine
Bio-Schweinehalter Rainer Franz aus Mulfingen im Hohenlohekreis hat seine Betriebsdaten beigesteuert: „Wir mussten ganz genau Auskunft über unsere Futtermittel, deren Erzeugung und Herkunft geben. Unseren Ackerbau und auch unser Stallsystem haben wir genau beschrieben.“ Das war ein gutes Stück Arbeit, berichtet er. Rainer Franz und seine Frau Simone sind nämlich nicht nur Bio-Mäster, sondern auch Herdbuchzüchter der Schwäbisch-Hällischen Schweine und ziehen für Kollegen Ferkel auf. Sie versorgen rund 100 Sauen und drei Eber, haben 390 Ferkelaufzuchtplätze und 100 Mastplätze. Hinzu kommt eine 200-köpfige Hennenherde im Mobilstall.
Kleegras erstmals pelletiert
Rainer Franz hat rund 100 Sauen und zieht Ferkel für Kollegen der Bäuerlichen Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall mit regionalen Bio-Futtermitteln auf.
Außerdem baut Franz auf 63 ha Futter für seine Schweine an: Weizen, Triticale mit Erbsen, Ackerbohnen, Wintergerste, Roggen, Hafer, Körnermais und Kleegras von seinem Betrieb decken rund 60 Prozent des gesamten Futterbedarfs. Erstmalig hat der Bio-Bauer sein Kleegras zu Pellets pressen lassen anstatt Silage daraus zu machen. Sämtliche zugekauften Futtermittel sind biozertifiziert und regional, wie es die Richtlinien des Bio-Verbands Ecoland fordern. Bio-Sojakuchen und -Sojaöl bezieht der Bio-Schweinezüchter von der 180 km entfernten Klostermühle.
Denn Sojafuttermittel kauft Franz vollständig zu, weil der Sojaanbau ihm auf seinen schweren Muschelkalk-Verwitterungsböden in einer Höhe von 436 m NN nicht zuverlässig gelingt. Insgesamt könnte aber in Deutschland zum Schutz des Klimas weit mehr Soja angebaut werden, warb Matthias Krön von Donau Soja im Juli, als die FiBLStudie vorgestellt wurde. Nach seiner Einschätzung könnten in Deutschland auf 500.000 ha Sojabohne n wachsen und 3 Millionen Tonnen Rohstoff für Futtermittel liefern. Donausoja zertifiziert derzeit in Europa etwa 7 Prozent der konventionellen Soja-Produktion als nachhaltig und gentechnikfrei, viel Donau-Soja-Ware stammt aus Italien, Rumänien, Serbien und Mazedonien.
Bio-Futter fürs Klima
Die Ackerbohnen, die auf den Flächen rund um Mulfingen wachsen, bringen Protein in die Ration und Vielfalt in den Ackerbau.
Zwei Töchter setzen Impulse für die Zukunft
Ecoland-Bauer Rainer Franz kauft seinen bayerischen Bio-Sojakuchen selbstständig ein, seit er 2019 auf Bio-Sauenhaltung umgestellt hat. Schon seit 2005 ist er Mitglied der BESH und dort einer von elf Herdbuchzüchtern der seltenen Schwäbisch-Hällischen Schweine. Die Umstellung auf Bio-Tierhaltung hat Franz angepackt, weil seine beiden Töchter den Hof gerne als Bio-Betrieb weiterführen wollen. Im laufenden Betrieb wurden die Ställe umgebaut und erweitert. Katharina und Sophia Franz übernehmen ab 2022 zunächst die Direktvermarktung. Sie wollen anschließend den Internethandel mit Fleisch- und Wurstwaren aufbauen. Die Direktvermarktung hat sich seit mehr als 20 Jahren auf das Ochsentaler Hoflädle konzentriert, das mittlerweile ein eigenes Häuschen ist.
Schon heute unterstützen die beiden Töchter den Familienbetrieb tatkräftig und nehmen Einfluss auf die Arbeit. Sophia, die hauptberuflich als Schulsozialarbeiterin beschäftigt ist, macht sich Gedanken über gesunde Biodiversität auf den Äckern und das Hofladen-Sortiment. „Wir wollten gerne Kürbis im Hoflädle verkaufen und haben damit den Impuls gegeben, dass in diesem Jahr auf einem Hektar das Anden-Gemenge aus Mais, Kürbis und Bohnen als Versuch wächst“, berichtet sie. Das hat gut geklappt und soll fortgeführt werden.
Bio-Schweinemast mit reinem Bio-Futter
Ihre Schwester Katharina hat Agrarwissenschaft studiert und arbeitet beim Futtermittelhersteller Josera. Sie berechnet die Futtermischungen für den Hof in Mulfingen. Regelmäßig mischt eine mobile Mahlund Mischanlage nach ihrem Rezept jeweils sechs Tonnen Futter für eines der Silos an den verschiedenen Ställen. Bio-Schweinemast mit reinem Bio-Futter findet Rainer Franz „einfach“. Aber auch die anspruchsvolleren Tiergruppen kommen bei ihm nicht zu kurz. Trotzdem: „Für meine Bio-Sauen und -Ferkel brauche ich kein Kartoffeleiweiß“, betont der Sauenhalter. „Das nimmt mir auch den Druck, der von so einem Rohstoff ausgeht, weil er in Bio-Qualität knapp ist“, fügt er an. Einige Kollegen verfüttern noch Kartoffeleiweiß mit Ausnahmegenehmigung.
Sparsamer Umgang mit Ressourcen aus Prinzip
„Wenn wir etwas machen, dann machen wir es gerne ganz perfekt“, beschreibt Rainer Franz den hohen Anspruch der Familie an die Betriebsführung. Der sorgsame Umgang mit Ressourcen ist allen wichtig. Beim Stallumbau hat Familie Franz viele gebrauchte Materialien, beispielsweise Gatter, verwendet. Sie haben sich viele Ställe angeschaut und versucht, aus den jeweiligen Schwachpunkten zu lernen. Dennoch bleibt der Arbeitsaufwand hoch, insbesondere für das Entmisten einmal wöchentlich. Es hilft zu wissen, dass das Stroh nicht nur den Tieren guttut, sondern auch einen großen Beitrag zur guten Klimabilanz leistet. Das hebt nämlich Dr. Stefan Hörtenhuber hervor, der am FiBL Österreich die Klimabilanz für das konventionelle und das Bio-Schweinefleisch der BESH erstellt hat. „Die Klimabilanz der Bio-Betriebe ist besser als die der konventionellen BESH-Betriebe. Hierfür ist das Haltungssystem mit viel Stroh und Festmist als Wirtschaftsdünger verantwortlich“, erklärt Hörtenhuber. Die Schweine verkoten nur einen kleinen Bereich, das Stroh verhindert die Entstehung schädlicher Gase. Bei den Bio-Schweinehaltern sind fast 90 Prozent des Wirtschaftsdüngers Festmist, bei den konventionellen Betrieben sind 90 Prozent Gülle, die in der Klimabilanz stärker zu Buche schlägt.
Bilanz vom Acker bis zur Fleischtheke
Hörtenhuber hat sämtliche Emissionsquellen unter die Lupe genommen: die Futtermittelerzeugung vom Diesel bis zum Dünger, die Futterverarbeitung, den Transport von Betriebsmitteln und auch den Strombedarf im Stall sowie die Emissionen der Tiere selbst. Zuletzt ist auch der Aufwand für Transport und Vermarktung des Fleischs in die Bilanz eingegangen. Allgemein seien die höchsten Emissionen bei der Schweinefleischproduktion auf Stall- und Wirtschaftsdünger sowie Futtermittel zurückzuführen. Insgesamt haben 32 BESH-Erzeuger ihre Daten für die Studie zur Verfügung gestellt.
Es zeigte sich, dass im gesamten Herstellungsprozess des Schwäbisch-Hällischen Qualitätsschweinefleisch g.g.A, eines Markenprodukts mit geschützter geographischer Angabe, von der Aufzucht bis zur Vermarktung 31 Prozent weniger CO2-Äquivalente anfielen als beim Fleisch von einem durchschnittlichen Standardschwein in Deutschland. Hierfür sind die vergleichsweise kurzen innereuropäischen Transportwege für Soja maßgeblich. Dass die Bio-Linie der BESH noch weniger CO2-Äquivalente verbraucht, dafür sorgen unter anderem die vielen betriebseigenen oder sehr regional gekauften Futtermittel.
Das FiBL erstellt seit 15 Jahren Klimabilanzen für die Landwirtschaft, berichtet Hörtenhuber. Er verwendet dazu eine niederländische Software, die so flexibel ist, dass er neue Datenquellen einpflegen oder verknüpfen kann. Daher fließen stets die aktuellsten verfügbaren Daten aus wissenschaftlichen Messungen und Modellen ein. Die FiBL-Bilanzierung für Lachgas und Methan folgt der vom Weltklimarat IPCC vorgegebenen Richtlinie, für die Ammoniakbilanz ist die Richtlinie der EU-Umweltagentur die Richtschnur. „So bilden wir das Zusammenwirken der Faktoren gut ab“, betont Hörtenhuber. „Die erreichten Reduktionen der Klimaagase sind für uns erst ein Einstieg“, meinte BESH-Gründer und -Vorsitzender Rudolf Bühler bei der Vorstellung der Studie. Um noch klimafreundlicher zu werden, wolle man etwa die Potenziale von Bio weiter ausschöpfen.